
Schreiben soll verständlich, klar und ansprechend sein. Doch manchmal klingt ein Text schwerfällig, bürokratisch oder unnötig kompliziert. Ein Grund dafür kann der Nominalstil sein – eine Schreibweise, die viele Substantive statt Verben nutzt. Besonders in Behördentexten, wissenschaftlichen Arbeiten oder geschäftlicher Kommunikation begegnen wir ihm oft.
Aber was genau ist Nominalstil? Warum erschwert er das Lesen? Und wie kann man ihn vermeiden, um Texte lebendiger und verständlicher zu gestalten?
1. Nominalstil – was ist das eigentlich?
Hast du schon einmal einen Text gelesen, der sich schwerfällig und unpersönlich anfühlte? Vielleicht war es ein Behördenschreiben, ein wissenschaftlicher Artikel oder eine E-Mail aus der Unternehmenskommunikation. Dann bist du mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Nominalstil gestoßen.
Der Nominalstil ist eine Schreibweise, bei der viele Substantive statt Verben oder Adjektive verwendet werden. Typischerweise tauchen darin zahlreiche Hauptwörter mit Endungen wie -ung, -keit, -heit, -ion oder -ismus auf.

Ein Beispiel:
❌ „Die Durchführung der Analyse erfolgte durch die Mitarbeiter.“
Dieser Satz ist zwar korrekt, aber unnötig kompliziert. Kürzer und verständlicher wäre:
✅ „Die Mitarbeiter führten die Analyse durch.“
Texte im Nominalstil wirken oft unpersönlich, abstrakt und umständlich. Doch warum wird er so häufig verwendet?
2. Warum wird der Nominalstil so oft verwendet?
Obwohl er die Verständlichkeit erschwert, ist der Nominalstil weitverbreitet. Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Behördensprache und Fachtexte
Verwaltungen, Ämter und wissenschaftliche Institutionen nutzen oft den Nominalstil, weil er präzise und neutral klingt. Doch diese „objektive“ Sprache führt oft dazu, dass Sätze unnötig kompliziert und schwer verständlich werden.
Beispiel aus einem Behördenschreiben:
❌ „Die Genehmigung zur Durchführung der Bauarbeiten wurde nach umfassender Prüfung der Antragstellung erteilt.“
✅ „Die Bauarbeiten wurden genehmigt, nachdem der Antrag geprüft wurde.“
2. Gewohnheit aus dem Berufsalltag
Viele übernehmen den Nominalstil, weil sie ihn täglich in offiziellen Dokumenten, E-Mails oder Fachtexten lesen. Vor allem in Unternehmen oder Behörden hat sich diese umständliche Ausdrucksweise als Standard etabliert.
3. Versuch, professionell oder seriös zu klingen
Manche Schreibende glauben, dass ein Text besonders gebildet oder fachlich korrekt wirkt, wenn er viele Substantive enthält. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Ein klar formulierter Satz vermittelt Kompetenz viel besser als umständliche Wortgebilde.
3. Warum ist der Nominalstil problematisch?

1. Er erschwert das Lesen
Lange Substantivketten machen einen Text schwer verständlich. Wer sich durch Nominalstil kämpfen muss, verliert schnell den roten Faden.
Beispiel:
❌ „Die Einführung einer neuen Regelung zur Verbesserung der Arbeitsprozesse ist in Planung.“
✅ „Wir planen eine neue Regelung, um die Arbeitsprozesse zu verbessern.“
2. Er klingt unpersönlich und abstrakt
Durch die vielen Substantive verschwinden handelnde Personen oft aus dem Satz, sodass die Sprache distanziert und wenig lebendig wirkt.
Beispiel:
❌ „Die Durchführung der Umstrukturierung erfolgte durch das Management.“
✅ „Das Management hat die Umstrukturierung durchgeführt.“
3. Er versteckt Verantwortung
In Behörden- und Unternehmenssprache wird der Nominalstil oft genutzt, um Verantwortung zu verschleiern.
Beispiel:
❌ „Es erfolgte eine Entscheidung zur Beendigung des Projekts.“
✅ „Die Geschäftsleitung entschied, das Projekt zu beenden.“
Im ersten Satz bleibt unklar, wer die Entscheidung getroffen hat – ein häufiger Trick in Verwaltungs- oder Politikerreden.
4. Wie kann man Nominalstil vermeiden?
Zum Glück lässt sich Nominalstil leicht aufbrechen. Hier sind einige einfache Methoden:

1. Substantive durch Verben ersetzen
❌ „Die Erstellung des Berichts wurde abgeschlossen.“
✅ „Der Bericht wurde erstellt.“
Nominalstil entsteht oft, wenn Verben in Substantive umgewandelt werden. Wo immer möglich, sollte man stattdessen Verben verwenden.
2. Aktiv statt Passiv verwenden
❌ „Die Durchführung der Untersuchung erfolgte durch das Team.“
✅ „Das Team untersuchte den Fall.“
Passivsätze wirken oft unpersönlich. Eine einfache Umstellung ins Aktiv verbessert die Verständlichkeit erheblich.
3. Unnötige Substantivierungen streichen
❌ „Die Notwendigkeit einer Entscheidung ist gegeben.“
✅ „Eine Entscheidung ist nötig.“
Substantivierungen mit „-ung“ oder „-keit“ lassen sich oft durch eine direktere Formulierung ersetzen.
4. Klare Subjekt-Verb-Struktur bevorzugen
❌ „Die Verbesserung der Qualität wurde in Angriff genommen.“
✅ „Wir haben die Qualität verbessert.“
Der zweite Satz ist nicht nur kürzer, sondern auch viel präziser.
5. Wann ist der Nominalstil erlaubt – oder sogar sinnvoll?
Nicht immer ist der Nominalstil schlecht. In bestimmten Kontexten kann er sogar notwendig sein:
- Juristische und wissenschaftliche Texte
- Hier geht es oft um Genauigkeit und neutrale Formulierungen.
- Objektive Berichte und offizielle Mitteilungen
- Wenn keine persönliche Meinung oder Emotion einfließen soll.
- Als Stilmittel in Literatur oder Satire
- Um übertriebene Förmlichkeit bewusst darzustellen.
Ein berühmtes Beispiel ist Kafka, der in seinen Texten oft absichtlich bürokratisch klingende Sätze verwendete, um das Gefühl der Machtlosigkeit in einer undurchsichtigen Bürokratie zu verstärken.
6. Praktische Übung
Nominalstil macht Texte unnötig kompliziert. Wer ihn vermeidet, schreibt klarer, verständlicher und lebendiger. Besonders in der Alltags- und Geschäftskommunikation zahlt es sich aus, aktiv zu formulieren und unnötige Substantivierungen zu streichen.
Übung:
Nimm einen Text, der viele Substantive enthält (z. B. eine Behördenerklärung oder einen wissenschaftlichen Artikel), und formuliere einige Sätze um. Versuche, Substantive durch Verben zu ersetzen und den Satz ins Aktiv zu setzen.
Beispiel:
❌ „Die Durchführung einer Überprüfung der Richtlinien wurde beschlossen.“
✅ „Das Team hat beschlossen, die Richtlinien zu überprüfen.“
Viel Spaß beim Umformulieren! 😊
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Wer schreibt hier?
Ich bin Kerstin Salvador, zertifizierte freie Lektorin ADM (Akademie der Medien) und mit meinem Lektorat Salvador seit 2011 selbstständig.
Als Lektorin kümmere ich mich darum, Fach- und Sachbüchern den letzten Schliff zu verleihen, damit sie gut lesbar sind und sich darin keine Schreibfehler als Aufmerksamkeitsvampire verstecken.
Ich kenne übrigens auch die andere Seite des Schreibtisches: Als Autorin schreibe ich Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache und übersetze auch aus dem Italienischen. Leseratte war ich schon als Kind und habe deshalb gleich nach der Schule Buchhändlerin gelernt.
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