„Hauptsache zufrieden!?„, fragt Korina Dielschneider in ihrer Blogparade. Korina und ich treffen uns an einem Spätsommernachmittag Ende September in einem gemütlichen Café in Berlin Prenzlauer Berg. Korina ist an diesem Wochenende für ein Symposium nach Berlin gereist und fragte mich, ob wir uns treffen. Sehr gerne! Wir waren beide Blog-Kolleginnen in der The Content Society und virtuell übers Schreiben verbunden. Ich freue mich, sie zu sehen und es wird ein munterer Austausch zu vielen Themen. Uns wären sicherlich auch Stunden später die Themen nicht ausgegangen.
Sie erzählt mir unter anderem, dass sie gerade eine Blogparade zum Thema Zufriedenheit startet. „Hauptsache zufrieden!?“ – was für ein schönes Thema! Dazu muss ich gar nicht lange überlegen, sofort sprudelt es aus mir heraus, was ich damit verbinde und assoziiere. Solche Themen liebe ich, bei denen ein Impuls genügt und schon fließt es. Klar, mache ich bei ihrer Blogparade mit! Here we go!
Angelegt war der Artikel schnell und das Brainstorming brachte einen ersten Entwurf. Aber wie es manchmal so ist, braucht es für die Vollendung des Artikels dann doch noch ein Weilchen, weil im Alltag so allerhand dazwischenkommt. Zum Glück gibt es heute einen Abgabetermin. Ich brauche wohl klare Deadlines, sonst schiebe ich den Feinschliff noch weiter auf und bin mit dem Ergebnis nie zufrieden. Dabei soll es in diesem Artikel doch um Zufriedenheit gehen …
Was bedeutet „zufrieden sein“ für mich?
Zufrieden sein ist für mich eine innere Haltung. Eine positive Grundhaltung, Dinge aus einer inneren Zufriedenheit heraus zu betrachten. Mit einer gewissen Gelassenheit und Ruhe etwas auf mich wirken zu lassen und erst einmal unvoreingenommen zu betrachten. Damit meine ich keineswegs eine naive oder unkritische Betrachtungsweise. Nichts ist perfekt oder einfach nur gut. Aber je nach innerer Haltung und Betrachtungsweise ist das Glas eben halb voll oder halb leer. Ich bemühe mich, mit einer optimistischen und positiven Sichtweise an Dinge heranzugehen oder Menschen zu begegnen. Und natürlich gelingt mir das nicht immer.
Gehe ich mit einer positiv gestimmten inneren Zufriedenheit durchs Leben und schenke den Menschen, denen ich begegne, ein Lächeln, wird es oftmals erwidert. So wie ich in den Wald rufe, schallt es heraus. Bin ich positiv, optimistisch und zufrieden, überträgt sich diese Stimmung im besten Fall auch auf meine Mitmenschen.
Die innere Kritikerin ist nie zufrieden
Wer kennt sie nicht, die innere Kritikerin? Meine mäkelt gerne herum und ist oft nicht zufrieden mit mir und meinem Tun. Sie schlägt dann gerne über die Stränge, wenn ich sie nicht im Zaum halte. Sie kann das richtig gut, mich kleinzuhalten und an meinem Können zweifeln zu lassen. Natürlich hat sie ihre Berechtigung und will mich vor Blamage oder Überheblichkeit schützen. Mir sind aber ein gesundes Selbstvertrauen und Mut, um Dinge anzupacken und sie erfolgreich umzusetzen, wichtiger. Dazu gehört manchmal auch, den eigenen Perfektionismusanspruch etwas herunterzuschrauben, um den Erfüllungsdruck niedriger zu halten. Und hierbei hilft es mir enorm, mit mir zufrieden zu sein und liebevoll mit mir umzugehen.
Gerade will mich die innere Kritikerin daran hindern, diesen Artikel zu veröffentlichen, mit dem sie überhaupt nicht zufrieden ist. Zu unausgegoren, zu wenig strukturiert. Mag sein, aber hey, was passiert, wenn ich es trotzdem mache und einfach den Veröffentlichen-Button drücke?
Zufriedenheit potenziert sich
Richte ich meinen Blick auf das Positive im Leben, werde ich noch mehr Positives erkennen. Positives zieht Positives an. Auf diese Weise erkenne ich Glücksmomente und nehme sie bewusst wahr. Ich umgebe mich gerne mit positiven Menschen, die mit sich und ihrem Leben im Reinen sind und eine zufriedene Grundhaltung haben. Es ist eine positive Energie, die sie ausstrahlen und die wieder zu ihnen zurückkommt. Zufriedenheit ist für mich kein Zustand des Verharrens oder des sich zufrieden Zurücklehnens. Aus einer positiven Energie entsteht vielmehr die Kraft und das Streben, noch besser zu werden.
Ewig nörgelnden Menschen gehe ich aus dem Weg
Menschen, die an allem etwas auszusetzen haben und nie zufrieden sind, empfinde ich als destruktiv und schwer zu ertragen. Sie sehen immer nur das Negative. Das negative Gefühl verstärkt sich, sie nehmen eine Frusthaltung ein: Mundwinkel nach unten, zusammengekniffene Sehschlitze, tiefe Stirnfalten. Der negativen Haltung wird im Gespräch meist zugestimmt und es folgen noch viele weitere negative Beispiele. Alles Kacke. Alles ist schlecht. In solchen Gesprächen traue mich kaum, etwas Positives hinzuzufügen und bleibe lieber stumm. Sie fühlen sich in ihrer negativen Sichtweise bestärkt und sind auch noch stolz darauf. Nie würden sie etwas einfach so hinnehmen oder sich gar mit etwas zufriedengeben. Das wäre ja klein beigeben. Pfui! Sie gefallen sich in ihrer Kritikfähigkeit, weil nur sie in der Lage sind, die negativen Aspekte zu sehen.
Aber kann aus dieser ewigen Unzufriedenheit wirklich etwas Positives entstehen? Woher kommt die Motivation, Dinge besser zu machen? Kann der Zustand der Zufriedenheit wirklich einmal erreicht werden? Ist das überhaupt gewünscht? Es ist nie alles perfekt und gut. Innere Unzufriedenheit, Frust und Ärger machen auf Dauer krank. Die verkrampfte Haltung führt zu Bluthochdruck. Sie empfinden keine Freude und Leichtigkeit, ein positiver Zustand oder Glück kann aus dieser Unzufriedenheit nie erreicht werden.
Was hilft es? Macht eine negative, kritische Haltung die Welt in irgendeiner Art besser? Sind zufriedene Menschen naive Spinner? Es ist nie alles nur gut oder schlecht, es ist immer eine Art der Betrachtung und Gewichtung. Ich möchte mir eine zufriedene Grundhaltung bewahren, ins Licht schauen, das Positive sehen und mir gestatten, glücklich zu sein. Ich möchte Momente genießen und mit einer inneren Bereitschaft das Glück im Leben auch zulassen.
Ist Zufriedenheit angesichts des Weltgeschehens überhaupt legitim?
Ich denke nicht, dass ich deshalb weniger kritisch oder blauäugig bin und das Negative verdränge. Manchmal halte ich das aber für gesünder. Unsere Gesellschaft, Politik, das Weltgeschehen sind voller Krisen, Kriege und Konflikte, egal wo wir hinsehen. Kann man es in dieser Welt überhaupt wagen, zufrieden zu sein? Ist das legitim? Und doch ist es eine Strategie zum Überleben, im eigenen Umkreis und in der eigenen Sichtweise sich das Positive zu bewahren und zufrieden zu sein.
Als der russische Angriffskrieg auf die Ukraine begann und die Welt aus den Fugen geriet, habe ich 100 Dinge aufgeschrieben, für die ich dankbar bin, weil ich diese fürchterlichen Nachrichten nicht mehr ertragen habe. Das war mein Weg, mit dieser Angst umzugehen. Zufrieden zu sein mit dem, was ich habe und in welcher Welt ich leben darf.
Seit eineinhalb Jahren pflege ich ein Ritual: Jede Nacht, kurz bevor ich einschlafe, denke ich an drei Dinge, die an diesem Tag gut gelaufen sind, mit denen ich zufrieden und für die ich dankbar bin. Mit diesem Gedanken schlafe ich ein. Natürlich könnte ich auch an zehn Dinge denken, die an diesem Tag nicht gut gelaufen sind und über die ich mich ärgere, aber dann könnte ich vermutlich vor Herzrasen und Grübeleien nicht einschlafen. Was hilft es?
Mache ich die Welt in irgendeiner Weise besser, wenn ich eine unzufriedene Haltung einnehme? Wohl kaum. Engagement entsteht durch den Glauben an das Gute und den aktiven Einsatz dafür.