Mein Herzensbusiness hat zwei Spitzen. Und keine davon möchte ich missen. Von allen Seiten höre ich es in der Online-Marketing-Bubble: Du brauchst eine spitze Positionierung, um als Expertin in einem bestimmten Bereich wahrgenommen zu werden. Du musst dich auf eine besondere Nische fokussieren und mit deinem unwiderstehlichen Angebot eine spitze Zielgruppe ansprechen, sonst kannst du am Markt nicht bestehen.
Was aber, wenn ich mich zwar spitz, aber auf zwei Nischen fokussiere, die konträrer nicht sein könnten? Weil ich nun einmal Expertin in zwei sehr unterschiedlichen Bereichen bin und damit auch noch komplett verschiedene Zielgruppen anspreche? Was, wenn ich mich gar nicht entscheiden will, sondern einfach meinen Weg gehe? Weil ich eben beide Pole gerne bediene und spannend finde. Und was, wenn ich damit nicht nur glücklich, sondern auch erfolgreich bin?
Mein Background
Ich habe Germanistik und Italienisch studiert. Als gelernte Buchhändlerin stand für mich schon sehr früh fest, dass ich mal „was mit Büchern“ machen will. Im Laufe meines Berufsweges habe ich mich in mehreren Verlagen in sehr unterschiedlichen Positionen ein- und hochgearbeitet: Als Kundenbetreuerin im Vertrieb, als Lektorin für Softwarelokalisierung, als Lektoratsassistentin in einem Verlag für historische Werke, als Redaktionsassistentin bei einer Fachzeitschrift für Photovoltaik, als Redakteurin für Deutsch als Fremdsprache in einem Verlag in Italien und als Produktmanagerin und Lektorin für erneuerbare Energien und Energietechnik in mehreren Fachverlagen. Klingt nach einer bunten Mischung? Ich finde es spannend!
Als ich mich Anfang 2011 selbstständig gemacht habe, fiel es mir schwer, mich für nur einen Bereich zu entscheiden. Ich war die eierlegende Wollmilchsau für Sprachfeinheiten, Lektorat und Korrektorat, mit einem Faible für technische Fachbücher respektive Energietechnik, Liebhaberin der italienischen Sprache und Autorin für Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache. Dazu mit einem Händchen für Projektmanagement und Teamarbeit. Hm …
Mein Portfolio
Und so gehörten gleich zu Beginn meiner Selbstständigkeit diese Bereiche zu meinem Portfolio:
- Lektorat für technische Fachbücher und Sachbücher für Verlage, Publikationen für Stiftungen und andere Institutionen und Werbelektorat für Unternehmensbroschüren und
- Autorin für Sprachlehrwerke für Deutsch als Fremdsprache und Übersetzerin aus dem Italienischen
Mit spitzer Positionierung hat das bei Weitem nicht viel zu tun. Naja, spitz schon, aber eben auf zwei sehr unterschiedlichen Spitzen. Ich konnte und wollte mich nicht für einen der beiden Bereiche entscheiden. Schließlich habe ich Expertise in mehreren Bereichen, warum sollte ich einen meiner Fachbereiche vernachlässigen?
Viele Jahre lang habe ich mich in die Erneuerbare-Energien-Branche eingearbeitet, habe Fachmessen und Veranstaltungen besucht, Kontakte gepflegt, technische Zusammenhänge verstanden und die Fachliteratur zu einschlägigen Themen im Blick gehabt. Ich arbeite gerne mit Ingenieuren zusammen und es liegt mir, technische Texte lesbar zu machen. Das ist die eine Seite meiner Expertise.
Mein Herz schlägt aber ebenso für die italienische Sprache, für Sprachförderung und für Kreativität. Schon während meines Studiums habe ich in Italien in einem Fremdsprachenverlag an Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache gearbeitet, später dann auch Lehrwerke selbst geschrieben. Ich habe diesen italienischen Verlag auch in Frankfurt auf der Buchmesse vertreten. Seit 2010 bin ich durchgängig als Hausautorin für einen renommierten italienischen Fremdsprachenverlag tätig. Hier kann ich meine Studienfächer Germanistik und Italienisch optimal miteinander verbinden.
Beide Bereiche liegen mir und ich mag die Abwechslung. Ich kann mich hoch konzentriert über Wochen mit Beleuchtungstechnik befassen und technische Beschreibungen verständlich machen. Und dann wieder liebe ich es, Artikel für Landeskunde, Grammatik- oder Konversationsübungen zu schreiben und mir Geschichten auszudenken, mit denen Schüler*innen mit Spaß die deutsche Sprache lernen können.
Viele Jahre lang habe ich meine Tätigkeit als Autorin für DaF völlig unerwähnt gelassen. Die Aufträge kamen auch so, ich war ja als feste freie Mitarbeiterin durchgängig beschäftigt. Ich bin mit meiner Expertise nie öffentlich in Erscheinung getreten. Wie schade eigentlich, denn es sind in all den Jahren so viele Bücher, Zeitschriften und Lehrmaterialien entstanden.
Abstecher ins Online-Business
Während der Pandemie sind mir ziemlich viele Aufträge weggebrochen. Verlage waren zögerlich, haben fest angekündigte Aufträge immer weiter verschoben, Veranstaltungsbroschüren wurden wegen abgesagter Veranstaltungen ebenfalls gestrichen und neue Aufträge waren nicht in Sicht. Ich sah mich gezwungen, mich nach etwas anderem umsehen und mir ein zusätzliches Standbein aufbauen. Bei der Recherche bin ich im Netz auf dieses ominöse Online-Business gestoßen, mit skalierbaren Umsätzen und weg vom Zeit-gegen-Geld-Verkaufen. Und irgendwas mit sechsstelligen Umsätzen stand da auch.
Ob das auch für meinen Bereich funktioniert? Was könnte ich als Lektorin wohl für einen Onlinekurs anbieten? Etwas mit Rechtschreibung vielleicht? Da ist viel Bedarf. Egal, ich probierte es einfach. So habe ich mich für ein Jahresprogramm zum Aufbau eines Online-Business angemeldet, viel Zeit und Geld in dieses neue Standbein gesteckt und war rund um die Uhr mit der Erstellung und Durchführung meines Onlinekurses zum Thema Rechtschreibung beschäftigt. An Akquise oder konzentriertes Arbeiten an bezahlten Aufträgen im Lektorat war daneben nicht zu denken.
Hier lernte ich von meinen Coaches die Zutaten, die es braucht, um mein „Herzensbusiness“ leicht und sexy sechsstellig auf den Markt zu bringen, um meinen Wunschkundinnen zu helfen. Und wenn es nicht gleich klappt, muss ich eben noch an dem richtigen Mindset arbeiten, dann wird das schon.
Ich war willig und fleißig, hielt mich an Schritt-für-Schritt-Anleitungen, eignete mir die nötige Technik an, war in den sozialen Medien mit jeder Menge Mehrwert sichtbar, erstellte Onlinekurse und erprobte sie kostenlos. Ich bewegte mich sehr weit aus meiner Komfortzone und wuchs daran.
Aber letztlich bewegte ich mich damit aber immer weiter weg von meinem eigentlichen Herzensbusiness – dem mit den beiden Spitzen.
Positionierung auf der Website
Kniffelig wurde es, als ich eine neue Website zu meinem Angebot erstellen wollte. Wer bin ich, und wenn ja, wie viele? Wie bitteschön sollte ich Lektorat für technische Fachbücher, meine Autorinnentätigkeit für DaF und mein Online-Business für Rechtschreibung auf eine Website bekommen? Das wäre tatsächlich ein unübersichtlicher Bauchladen geworden. Hier gehen meine Zielgruppen zu weit auseinander. Will ich alle erreichen, erreiche ich niemanden. So entschied ich mich zunächst für zwei Websites: meine bestehende Website „Lektorat Salvador“ und eine neue Website für mein Online-Business und für Rechtschreibthemen, die unter meinem Namen Kerstin Salvador läuft und auf der ich auch blogge.
Fazit: Spezialisierung auf meine Kernkompetenzen
Inzwischen habe ich verstanden, dass eine spitze Positionierung durchaus ihre Berechtigung hat. Gerade im Online-Business. Mein Learning daraus: Ich spezialisiere mich auf meine Kernkompetenzen. Ein Online-Business zusätzlich zu meiner Lektorats- und Autorinnentätigkeit aufzubauen, ist in der Tat zu viel des Guten. Meine beiden Standbeine genügen mir, hier bin ich wirklich Expertin und sie benötigen meine volle Aufmerksamkeit. In diesem Falle sind aller guten Dinge eben nicht drei. Meine Website Kerstin Salvador werde ich in Kürze umarbeiten und mein Angebot auf das Lektorat für Fach- und Sachbücher zuspitzen, mit einer eigenen Unterseite für die Sprachlehrwerke. Blog und Newsletter bleiben natürlich! Onlinekurse für Rechtschreibtraining werde ich künftig nicht mehr anbieten.
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