Eine häufig gestellte Frage meiner Kund*innen lautet: Wie lange dauert ein Lektorat? Sie haben lange an ihrem Buch geschrieben. Jetzt soll es schnell gehen. Sie wollen genau wissen, wann sie ihr fertig lektoriertes Manuskript zurückerhalten.
Nun ja, das hängt von mehreren Faktoren ab und lässt sich so pauschal nicht sagen. Wovon es im Einzelnen abhängt und wie ich die Bearbeitungszeit kalkuliere, erfährst du in diesem Blogartikel.
Wie umfangreich ist das Manuskript?
Zum einen kommt es natürlich auf den Umfang des Manuskripts an. Diesen bemesse ich nach der Zeichenzahl inklusive Leerzeichen und teile sie dann durch 1.500 Zeichen. Damit erhalte ich die Seitenzahl einer Normseite. Dabei ist unerheblich, in welcher Schriftgröße du schreibst, ob du einen größeren Zeilenabstand verwendest, wie viele Absätze du einfügst und ob es dazwischen Seiten mit Bildern, Tabellen und weniger Text gibt. Ausschlaggebend ist erst mal der reine Textumfang. Die Ermittlung des Umfangs ist somit unabhängig von der Textart – egal, ob es sich um einen Roman, ein Fachbuch, ein Sachbuch, einen Ratgeber, einen Krimi, ein Kinderbuch oder um eine Bachelor- oder Masterarbeit handelt.
Ermittlung nach Seitenzahl oder Zeitaufwand?
Eine Möglichkeit ist es, die Bearbeitungsdauer nach (Norm-)Seitenanzahl zu berechnen. Angenommen, ich schaffe pro Stunde sechs Seiten und das Manuskript hat 250 Seiten, dann bräuchte ich für einen Durchlauf ca. 42 Stunden. Arbeite ich vier volle Zeitstunden am Tag konzentriert daran und zwanzig Stunden in der Woche, wäre das etwas mehr als zwei Wochen. Für einen einzigen Durchlauf wohlgemerkt.
Und warum nur vier Stunden am Tag, fragst du dich jetzt vielleicht? Ein Arbeitstag hat doch acht Stunden. Weil zu einem durchschnittlichen Büroarbeitstag noch viele andere Tätigkeiten gehören, wie E-Mails beantworten, Angebote und Rechnungen schreiben, Akquise und die Bearbeitung anderer Aufträge, die gerade anliegen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass vier Stunden konzentrierte Arbeit (ohne Pausen) an einem Text pro Tag und zwanzig Stunden pro Woche realistisch sind.
Die reine Berechnung nach Seitenzahl ist allerdings sehr ungenau, denn nicht alle Seiten sind gleich. Es gibt einzelne Sätze, an denen formuliere ich lange, bis sie gut sind, andere Passagen gehen schneller. Texte zu straffen, um sie lesbarer zu machen, benötigt auch mehr Zeit. Unter Zeitdruck leidet die Qualität. Hinzu kommen Telefonate oder Rückfragen per E-Mail mit dem Autor oder der Autorin oder von Verlagsseite und auch Kommentare und Erklärungen meiner Formulierungsvorschläge benötigen Zeit, die ich einkalkulieren muss.
Bei meiner Arbeit tracke ich die tatsächliche Arbeitszeit sehr genau und notiere sie ohne Pausenzeiten. Eine Berechnung nach tatsächlich benötigter Stundenanzahl ist auf jeden Fall fairer, transparenter und genauer.
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In welchem Zustand ist das Manuskript?
Ein weiteres Kriterium ist, in welchem Zustand sich das Manuskript befindet und was daran zu tun ist. Zur Einschätzung benötige ich das komplette Manuskript, einzelne Teile reichen dafür nicht. Die ersten Seiten eines Buches wurden von dir und vielleicht auch von einigen Testleser*innen öfter gelesen und korrigiert und ist meist in einem guten Zustand. Im letzten Drittel ist die Fehlerdichte meist höher. Daher prüfe ich zur Einschätzung der Bearbeitungszeit einzelne Seiten vom Anfang, aus der Mitte und von den letzten Seiten. Daran kann ich bemessen, wie viele Seiten ich voraussichtlich pro Stunde schaffen kann.
Wie tief soll ich in den Text eingreifen?
Vor Auftragsbeginn ist es wichtig, uns gut darüber abzustimmen, für welche Leistungen du mich beauftragst: Wünschst du lediglich ein reines Korrektorat, das heißt, eine gründliche Überprüfung auf Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung, geht das natürlich schneller, als wenn ich bei einem Lektorat stilistisch und inhaltlich in den Text eingreife, recherchiere, um Inhalte zu prüfen, an Formulierungen und Struktur feile und dir in den Kommentaren Verbesserungsvorschläge mache. Das ist keine Fließbandarbeit und es tut dem Text auch mal gut, ihn ruhen zu lassen und mit frischem Blick am nächsten Tag wieder draufzuschauen.
Nach Prüfung des Manuskripts mache ich dir gerne Vorschläge, welche Art von Leistung ich dir empfehle.
Wie viele Durchgänge sind erforderlich oder gewünscht?
Zur Abstimmung gehört auch, wie viele Durchgänge du bei mir buchst. Zu einem hochwertigen Lektorat gehören mehrere Durchläufe mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Beim ersten Lesen verschaffe ich mir einen Überblick, markiere, was mir auffällt zu Inhalt, Aufbau, Logik, roter Faden, setze mir Kommentare. Dann gehe ich ans stilistische Lektorat, straffe und formuliere Sätze neu, achte auf gute Lesbarkeit. Hier schaffe ich je nach Bearbeitungstiefe ca. 6 Seiten pro Stunde.
In einem anschließenden Korrektorat achte ich dann auf Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung und typografische Fehler. Hier schaffe ich je nach Fehlerdichte ca. 10 Seiten pro Stunde. Bevor es in den Druck geht, sollte zur Sicherheit noch eine Umbruchkorrektur erfolgen, um zu prüfen, ob alle Korrekturen sauber umgesetzt sind, und weil sich durch Korrekturen, Einfügungen und Streichungen der Satz verschiebt und dadurch leicht neue Fehler entstehen.
Alles ist verhandelbar und ein Buchverlag hat einen anderen Workflow als eine Werbeagentur oder ein Selfpublisher. Mehr zu meinem Angebot „Lektorat für Fach- und Sachbücher“ erfährst du hier:
Meine Kapazitäten
Ein weiterer Faktor zur Ermittlung der Bearbeitungszeit sind meine Kapazitäten. Um wirtschaftlich gut von meiner Arbeit als Lektorin leben zu können, nehme ich neben längeren Lektoratsaufträgen auch kürzere Korrektorate an. Meist arbeite ich in festen Zeitblöcken parallel an verschiedenen Aufträgen. Somit arbeite ich nicht acht Stunden pro Tag exklusiv an deinem Manuskript. Aus Erfahrung kann ich aber sagen, dass die Zeitblöcke und die Abwechslung sich positiv auf meine Konzentration und die Qualität meiner Arbeit auswirken. So gehe ich mit frischem Blick an einen Text und ermüde nicht nach vielen Stunden. Die Zeiteinschätzung, wie lange ich für ein Lektorat benötige, hängt somit auch von meiner Auslastung ab. Bei Auftragsanfrage kann ich dir im Angebot aber schon einen realistischen Termin nennen.
Fazit: Es kommt darauf an
Wie du siehst, lässt sich die Bearbeitungsdauer nicht pauschal ermitteln. Sie ist von verschiedenen Faktoren abhängig, die alle in die Einschätzung einfließen. Jeder Auftrag ist anders und wird von mir individuell berechnet. Auf Grundlage des Manuskripts und deiner Wünsche prüfe ich den Aufwand und mache ich dir einen detaillierten, transparenten Kostenvoranschlag nach voraussichtlichem Zeitaufwand und Stundensatz. Dabei berechne ich nur die tatsächliche Arbeitszeit ohne Pausen. Geht es schneller als erwartet, wird es auch preiswerter.
Hast du weitere Fragen? Dann schreib mir eine Nachricht.
Wer schreibt hier?
Kerstin Salvador ist zertifizierte freie Lektorin ADM (Akademie der Medien) und mit ihrem Lektorat Salvador seit 2011 selbstständig. Davor war sie in verschiedenen Verlagen als Produktmanagerin und Lektorin für Fachbücher im Bereich erneuerbare Energien tätig.
Sie kennt auch die andere Seite des Schreibtisches: Als Autorin schreibt sie Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache und übersetzt auch aus dem Italienischen. Leseratte war sie schon als Kind und hat deshalb gleich nach der Schule Buchhändlerin gelernt.
Als Lektorin kümmert sie sich darum, Fach- und Sachbüchern den letzten Schliff zu verleihen, damit sie gut lesbar sind und sich darin keine Schreibfehler als Aufmerksamkeitsvampire verstecken.
4 Responses
Liebe Kerstin, du hast mit deinem Blogartikel viele Fragen beantwortet und ausgeführt. Es entstehen ja meist Folgefragen, die dazu kommen.
Ich finde deine Arbeit sehr interessant, bestimmt auch sehr zeitintensiv.
Viel Freude und Erfolg weiterhin.
Herzliche Grüße von Anita
Liebe Anita,
vielen Dank für deinen Kommentar und dein Interesse an meiner Arbeit. Ja, das stimmt, im konkreten Fall entstehen natürlich weitere Fragen, denn jede Lektoratsanfrage ist wieder speziell. Gerne beantworte ich weitere Fragen dazu.
Herzliche Grüße
Kerstin
Hallo Kerstin,
als Kollegin, die Lektorat-Websites sehr genau und kritisch liest, will ich dir einfach mal ein großes Lob für deine genauen Infos und ehrlichen Ausführungen zu deiner Arbeitsweise aussprechen. Meiner Erfahrung nach läuft es genau so, wie du es beschreibst – doch die wenigsten Lektoren und Lektorinnen sind so offen und ehrlich wie du hier. Ich bin mir sicher, dass deine Kundinnen und Kunden sich keine falschen Vorstellungen von deiner Arbeit machen, wenn sie das hier gelesen haben.
Chapeau also und weiterhin viel Erfolg – und auch Spaß an deiner Arbeit!
Sehr herzlich
Stephany
Liebe Stephany,
ich bedanke mich herzlich für dieses sehr schöne Feedback, über das ich mich gerade riesig freue!
Ich versuche so genau wie möglich meine Arbeit und die vielen Abstimmungsmöglichkeiten und Optionen aufzuzeigen, um mit viel Transparenz Einblick und Verständnis zu vermitteln, was an Texten herausgearbeitet werden kann, wie lange das dauert und was es am Ende kostet.
So ein Lob von einer Kollegin tut ungemein gut. Besten Dank dafür!
Alles Gute auch für dich und deine Arbeit
Kerstin