E-Book zum Download "So korrigierst du deine eigenen Texte wie ein Profi!" (für 0 €)

„Kannst du da mal schnell drüberlesen?“ – Warum mich so was auf die Palme bringt

„Kannst du da mal schnell drüberlesen? Ist nur ganz kurz.“ Diese harmlose Anfrage bekomme ich als Lektorin häufiger gestellt. „Geht doch ganz schnell.“ Nicht falsch verstehen, das mache ich natürlich gerne. Ist ja mein Job, Texte fehlerfrei und gut lesbar zu machen. Aber ganz so schnell geht es eben doch nicht. Was mich dabei aufregt, ist die mangelnde Wertschätzung dafür, wie viel Konzentration und Fachwissen hinter einer sorgfältigen Textüberprüfung steckt. In meinem Blogartikel möchte ich dir einen kleinen Einblick geben, was ich beim schlichten „Drüberlesen“ so alles im Blick habe und berücksichtige und welcher Aufwand wirklich dahintersteckt.

In der Kürze liegt die Würze

Gerade beim Werbelektorat und sehr kurzen Texten ist allerhöchste Konzentration erforderlich. Nicht auszudenken, wenn sich bei einem fetten Slogan ein Schreibfehler versteckt. So gesehen auf einem riesigen Werbeplakat an einer Hauswand in Berlin für ein chinesisches Telekommunikationsunternehmen. Darauf haben sich gleich zwei Fehler eingenistet: „Andriod“ statt Android und „des Productes“ statt des Produktes. Das Ganze ging viral und sorgte für viel Hohn und Spott im Netz. Oder bei einem Wahlkampfplakat, bei dem in großen Lettern „für Niedersachen“ stand, mit einem übersehenen „s“. Harmlose Schreibfehler, die schnell sehr teuer werden können und für viel Ärger sorgen.

In Firmenbroschüren werfen Schreibfehler ein schlechtes Image auf das Unternehmen. Liefert es tatsächlich die versprochene Qualität bei seinen Angeboten, wenn es so schludrig mit seinen Texten umgeht?

Man denke auch an die zahllosen Schreibfehler auf Speisekarten, Werbeflyern, Produktschildern in Läden oder gar auf Schaufensterscheiben, bei denen ein professionelles Korrektorat ratsam gewesen wäre. Glaub nicht, dass so kleine Tippfehler nicht auffallen würden. Wir Deutschen scheinen ein großes Faible dafür zu haben, penibelst auf Schreibfehler zu achten, uns in Kommentaren und Leserbriefen darüber auszulassen und die Dudenregeln zu zitieren. Es gibt sogar eine eigene Website, die sich nur über das „Deppenapostroph“ auslässt, um diesem weitverbreiteten Fehler den Garaus zu machen! Also Obacht!

Worauf ich beim „Drüberlesen“ achte

Eine gründliche Überarbeitung braucht Zeit und geht eben nicht mal so eben schnell. Sie braucht volle Aufmerksamkeit und Konzentration. Neben Tipp- und Flüchtigkeitsfehlern geht es vor allem darum, ob die Sätze richtig gebildet sind, um Satzstellung und Stil. Bedenke nur, wie viele Rechtschreib- und Grammatikregeln es dabei zu beachten gibt. Sie richtig anzuwenden, erfordert viel Wissen und Erfahrung.

Prüfe ich einen Text, lese ich ganz langsam Wort für Wort und Silbe für Silbe. Oft lese ich auch laut. Ich achte auf besondere Kundenwünsche und firmeninterne Schreibweisen, richte mein Augenmerk auf überflüssige oder fehlende Satzzeichen.

Stimmen die Worttrennungen am Zeilenende? Ist alles gut lesbar? Verstecken sich doppelte Leerzeichen im Text? Sind Bindestriche auch wirklich lang und Kopplungsstriche kurz? Sind bei Wortverbindungen aus mehreren Wörtern alle zusammenhängenden Wörter mit einem Kopplungsstrich verbunden?

Steht vor Auslassungspunkten ein Leerzeichen oder kleben sie fälschlicherweise am Wort? Steht zwischen Zahl und der Maßangabe ein Leerzeichen? Werden Maßangaben im Text auch ausgeschrieben?

Stimmen Groß- und Kleinschreibung und Zusammen- und Getrenntschreibung? Sind Klammern einheitlich gesetzt und haben zu einer offenen Klammer auch das passende Gegenstück?

Überflüssige Apostrophe fliegen rigoros raus und richtige Apostrophe überprüfe ich auf das richtige typografische Zeichen. Detailtypografie hat es in sich, hier gibt es viele Regeln, die dem Laien nie auffallen würden.

Stehen An- und Abführungszeichen vorne unten und hinten oben? Werden bei mehreren Anführungszeichen im Satz auch halbe Anführungszeichen verwendet? Und steht bei Abkürzungen wie z. B. hinter dem Punkt ein Leerzeichen? Brechen sie am Zeilenumbruch unglücklich um, ist ein geschütztes Leerzeichen zu setzen.

Prüfung auf Plausibilität und Logik

Auch wenn der Schwerpunkt beim Werbelektorat nicht auf dem Inhalt liegt, gilt es den Text dennoch auf Plausibilität und Logik zu überprüfen, ob das wirklich so stimmen kann, was da steht. Lieber nachschlagen und noch mal Rücksprache halten. Einen Kommentar setzen. Sicher ist sicher. Vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.

Stimmen die Formatierungen?

Außer der Textprüfung geht es im Werbelektorat auch um Formatierungen. Gerade bei Broschüren spielen Layout und Design der Contentelemente eine wichtige Rolle, mit vielen eigenen Regeln. Stimmen auf dem Cover Titel, Titelbild, Logo, Unternehmensslogan, Einleitungstext, Inhaltsverzeichnis, Seitenzahlen, Kolumnentitel, Boxen, Satzspiegel, Headlines, Sublines? Haben die Bilder Bildunterschriften und die Tabellen Tabellenüberschriften, ist das Copyright der Bilder überall vermerkt? Sind die Rubriken übersichtlich und stimmen die Kapitelangaben mit dem Inhaltsverzeichnis überein?

Wurden bei Aufzählungen die richtigen Bulletpoints verwendet, sind Infografiken richtig gesetzt? Einheitlichkeit in den Schreibweisen ist das A und O und der Kunde ist König, wenn es um firmeninterne Sonderwünsche geht.

Finaler Check vor der Druckfreigabe

Habe ich wirklich an alles gedacht und nichts übersehen? Lieber noch finaler Check, bevor ich den Auftrag an den Kunden oder die Agentur abschicke. Das ist jedes Mal aufregend.

Du siehst, es ist nie einfach mal so ein schnelles Drüberlesen. Es ist sehr viel Genauigkeit erforderlich, mit dem geschulten Blick fürs Detail. Auch, wenn es meist schnell gehen muss, weil die Deadlines knapp bemessen sind und die Druckmaschinen schon laufen.


Ich hoffe, ich konnte mit meinem Artikel ein wenig Licht ins Dunkle bringen, was Werbelektor*innen auch bei kurzen Texten alles im Blick haben müssen. Verstehst du jetzt, warum mich dieser Satz so auf die Palme bringt?

Bevor du gehst, lade dir gerne noch mein kostenloses E-Book herunter, mit Tipps & Tricks, wie du Fehler in deinen eigenen Texten erkennst und korrigierst.

11 Antworten

  1. Super! Vielen lieben Dank für diese ausführliche Zusammenstellung!

    Einen wichtigen Punkt FÜR korrekte Schreibweise hast Du noch vergessen: Menschen wie ich, denen Fehler schnell ins Auge springen, sind dann abgelenkt vom Inhalt! Und das will man ja auch nicht. 😉

    Und hattest Du das Thema Lesbarkeit schon erwähnt? Ich prüfe auch oft, ob sich ein Satz etwas leichter lesen lässt, wenn man die Wörter ein wenig umstellt. Meist wird damit auch die Kommasetzung klarer.

    Hast Du eigentlich einen Tipp, wie man auf der Notebook-Tastatur ohne Zahlenblock schnell und einfach einen Bindestrich erzeugen kann, wenn man nicht gerade in Word schreibt? Ich finde für Windows immer nur die Tastenkombination, die nur mit dem Minus im Nummernblock funktioniert.

    Herzliche Grüße
    Elke

    1. Auf viele Dinge, die du hier beschreibst, achte ich ebenfalls schon bei der Gestaltung. Mikrotypografie ist mir auch sehr wichtig. Ich glaube wir wären ein gutes Team für Design und Textgestaltung.

    2. Hallo Elke, da hast du recht, Fehler in Texten können wahre Aufmerksamkeitsvampire sein. Sie springen einen an und lenken vom Inhalt ab. Danke für dein Feedback und deine Ergänzungen.
      Einen Bindestrich erzeuge ich immer mit Alt+0150, ohne Minuszeichen.
      Liebe Grüße
      Kerstin

      1. Danke für den Tipp mit dem Alt-Code. Den habe ich natürlich auch schon öfter gelesen und mich gewundert, dass das bei mir auf der Notebook-Tastatur nicht funktioniert. Ich habe jetzt gelernt, dass ich mit Fn+Num (bei mir auf F11) den alternativen Nummernblock aktivieren kann, der in blau auf den Buchstabentasten steht. Und dann hinterher wieder deaktivieren. Bisserl umständlich, aber damit geht’s! Juhuuu!!

  2. Liebe Kerstin,

    wow, was für ein wichtiger Artikel! Du sprichst mir ein bisschen aus der Seele. Auch ich verbinde Schreibfehler, unvollständige Sätze (weil vielleicht nochmal was umgestellt wurde) oder auch schlechte Formatierungen sehr schnell mit mangelnder Sorgfalt.
    Oft ist es so, dann ich bei meinen eigenen Texten irgendwann betriebsblind werde. Deshalb ist deine Arbeit so wichtig! Liebe Grüße Danielle

  3. Mein Hass-Satz ist: „Kannst du da mal schnell was zu schreiben?“ Könnt ich jedes Mal ausflippen.

    Kommt von allen möglichen Seiten. Freundinnen, die mich fragen, ob ich „mal schnell“ ihr Bewerbungsanschreiben mache (oder optimiere – weil „du kannst das doch so gut, Djuke!“). Alles, was mit Ehrenamt oder gesellschaftlichem Engagement zu tun hat, sobald klar ist: Schreiben ist mein Beruf – oder jedenfalls wichtiger Teil davon („Schreib dazu doch mal was für unsere Webseite. Muss ja auch nicht lang sein!“). Auch meine Chefin im Angestelltenjob hat den Satz schon oft gesagt – mit ihr habe ich das aber inzwischen geklärt. Sie hat verstanden, dass hinter Texten, die sich locker-fluffig lesen, kurz sind, eine Prise Humor haben UND dann auch noch die Message rüberbringen, eine Menge Arbeit steckt.

    Von daher: Ich verstehe aus tiefstem Herzen, dass dich „Kannst du da mal schnell drüberlesen“ auf die Palme bringt!

    Liebe Grüße!

  4. Liebe Kerstin,
    super, Dein Tirade war überflüssig! Denn wir machen uns tatsächlich viel zu wenig Gedanken, was viele Jobs wirklich an Einsatz bedeuten.
    Das hast Du hier sehr deutlich gemacht.
    Und hoffentlich wird beim nächsten Mal eher ein dauerhafter Auftrag daraus, denn korrekt geschriebene Blog-Artikel und Posts sind eine Menge wert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Trag dich jetzt in den Newsletter ein und
erhalte mein E-Book als Geschenk!

Der Newsletter-/E-Mail-Versand erfolgt entsprechend meiner Datenschutzerklärung über den Anbieter ActiveCampaign. Du erhältst Tipps, Tricks und Freebies rund um das Thema Rechtschreibung.